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2001 – Odysee im Weinfass

aus Profil Nr. 36, 31.8.98

Manche nennen ihn scherzhaft den „Winzer ohne Wein“. Denn obwohl Josef Umathums Kreszenzen ziemlich unangefochten zum Bedeutendsten zählen, was österreichische. Rieden gegenwärtig an Rotweinen hervorzubringen vermögen, wird der Weinwanderer, der respektvoll an seine Pforte klopft, zwar – wie es Umathums Art ist – äußerst freundlich, aber gleichermaßen bestimmt mit einer der beiden Formeln abgewiesen, die da lauten: „Wir haben momentan nichts mehr.“ Oder: „Wir haben momentan noch nichts“.
„Wohl dem, der über den nötigen sechsten Sinn verfügt, in jener meist äußerst kurzen Zeitspanne seine Bestellung aufzugeben, in der Josef Umathum eine solche tatsächlich annimmt. (Ein kleiner Trick: Wenn Sie, durch Kauf oder gute Worte, einmal auf der Umathumschen Stammkundenliste gelandet sind, dann bekommen Sie, wenn’s soweit ist, ein kleines Bestellkärtchen zugesandt. In diesem Fall sollten Sie möglichst keine 24 Stunden verstreichen lassen und so rasch wie möglich ein Fax schicken) Dem von Josef Umathum zugegebenermaßen praktizierten „Management durch Verknappung“ kam der vielbesungene 97er daher besonders entgegen. „Wenn ich ein Etikett mit dem Jahrgang ’97 draufgeklebt und Leitungswasser abgefüllt hätte“, resümiert Umathum, „dann hätten sie mir wahrscheinlich sogar das aus der Hand gerissen.“

Sie – das sind die Weinfreaks, die dem trotz allen Erfolgs still und bescheiden gebliebenen Hauersohn aus Frauenkirchen, der eigentlich Pfarrer werden wollte, aber dann doch Geographie studiert hat, vor allem wegen seiner beiden Kultweine „Hallebühl“ und „St. Laurent vom Stein“ nachstellen. Beides übrigens Kreszenzen, die Umathum erst wieder 2001 (!) auf den Markt zu bringen gedenkt, und auch da wird sich wohl jeder Privatkunde höchstens drei Flaschen davon abholen können. Die freilich sollte man dann wie einen Schatz hüten. Der „Schluck in die Zukunft“, den mich Josef Umathum – ausnahmsweise – in seinem an große Vorbilder in Kalifornien oder Bordeaux  erinnernden Musterkeller machen ließ, brachte einen St. Laurent zutage, der bereits heute komplex und facettenreich wie ein großer Burgunder ist. Und die legendenumwobene Rotweincuvee „Ried Hallebühl“ präsentiert sich am Gaumen rund wie das Kuppelgewölbe einer Kathedrale mit unverwechselbarer Geschmacksarchitektur.

Die Ethik des Weines. Wer auf seinen nächsten Umathum allerdings nicht bis über die Jahrtausendwende hinaus warten will, kann auch heute den einen oder anderen 97er Tropfen erwerben (oder bestellen), beispielsweise einen feinfruchtigen, nach Nüssen und Mandeln duftenden Welschriesling-Meßwein, einen Zweigelt „Neusiedler Schanze“ mit unverkennbarem Weichselaroma, einen dicht-konzentrierten Pinot Noir „Junger Berg Jois“, der nach Waldbeeren duftet, oder die stets verläßliche Cuvée „Haideboden“ mit ihrer fleischig – animalischen Frucht, die sie als Begleiter für Wildgerichte prädestiniert. Wenn man nach dem Geheimnis forscht, das Umathums Weine häufig das „gewisse Alzerl“ vor der Konkurrenz liegen läßt, so wird man es möglicherweise nicht im önologischen Bereich finden (wo Umathum schon immer federführend war), sondern wohl eher darin, was schon fast ins Theologische weist, wenn Umathum meint:

„Man darf dem Wein ebenso wenig wie den Menschen Gewalt antun. Denn ohne Ethik nützt die beste Lage nichts.“ Umathum hält auch nichts von Großtechnologien, und was das Marketing betrifft, geht er seine eigenen, eher stillen Wege. „Ich zähle nicht zu den Winzern, die nervös werden, wenn sie schon wieder ein, zwei Monate nicht in Kalifornien gewesen sind. Meine Lebensqualität besteht darin, den ganzen Tag im Weingarten zu verbringen und meinen Wein dort selbst machen zu können. Einmal im Jahr fahr’ ich mit meinen Kindern nach Linz auf den Pöstlingberg, wo wir Verwandte haben, und schau’ mir in der Grottenbahn die Zwergerln an. Das ist eigentlich alles.“